Köln, den 29.03.2020

Liebe Schulgemeinde der Lise-Meitner-Gesamtschule,

nun gehen wir in eine neue, eine dritte Woche, in eine – für viele von uns – sicherlich eher unsichere, weil bislang unerlebte / unbekannte Situation.

Allumfassende Unsicherheiten prägen unsere Gedanken:

Wie wird meine / unsere Zukunft aussehen?
Was bleibt aus meiner /unserer Vergangenheit bestehen?
Wie kann ich mich / uns persönlich aufstellen?
Welcher Umgang mit meinen Mitmenschen wird Morgen und in Zukunft angemessen sein?

Ich bin – auch als Schulleiter – in keinster Weise frei von solchen Gedanken.

Aber erlauben Sie mir als Theologen an diesem Sonntag Ihnen einige Gedanken für den Einstieg in die neue Woche mitzugeben.

„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, soll Martin Luther einst gesagt haben.

Was heißt das?

Das heißt Hoffnung haben, Hoffnung behalten, Hoffnung generieren.

Verantwortung für alle – jung bis alt – uns umgebende und insbesondere anvertraute Menschen übernehmen und neue Zukunft gemeinsam denken und entwickeln.

Im Nachsinnen über diesen ‚unautorisierten‘ Lutherspruch bin ich auf den – mir bislang unbekannten – Song „Mein Apfelbäumchen“ des Liedermachers Reinhard Mey aus dem Jahre 1989 (Jahr der Wiedervereinigung Deutschlands) gestoßen, den ich Ihren Ohren und Ihrem Nachsinnen empfehlen möchte:

https://www.reinhard-mey.de/blog/und-wenn-ich-w%C3%BCsste-dass-morgen-die-welt-unterginge
und
https://youtu.be/kpaHTx4jykU?list=RDkpaHTx4jykU

Zum Gedanken ‚Hoffnung habe ich sowieso‘ möchte ich gerne an den Theologen Dietrich Bonhoeffer erinnern, dem, als einem wesentlichen Mitbegründer der „Bekennenden Kirche“ und Beteiligten im deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus im KZ Flossenbürg sein Leben genommen wurde und der uns dennoch so viele – aus meiner Sicht – beseelende und tragende Gedanken und Texte hinterlassen hat:

Von guten Mächten treu und still umgeben[1],

behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.

Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.

Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

 

Gott, was immer das für Sie individuell heißen mag, beschütze Sie alle und führe uns wieder mit Aufgaben zusammen, die es Wert sind.

Herzlichst

Ihr

Peter Fellmann

Peter Fellmann
(Ltd. Gesamtschuldirektor und Schulleiter)

Lise-Meitner-Gesamtschule Köln-Porz
Stresemannstraße 36
51149 Koeln

Tel:         +49 (0)2203-99310
Fax:         +49 (0)2203-34682
E-Mail:   peter.fellmann@stadt-koeln.de

[1] Dietrich Bonhoeffer, Von guten Mächten, in seinem Brief an Maria von Wedemeyer aus dem Kellergefängnis des Reichssicherheitshauptamts in Berlin, Prinz-Albrecht-Straße, 19. Dezember 1944. Erstmals veröffentlicht 1951 in: Eberhard Bethge (Hrsg.), Dietrich Bonhoeffer. Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft.